BGH zur sekundären Beweislast beim Filesharing über einen Familienanschluss

Erneut hat sich der Bundesgerichtshof mit der so genannten sekundären Darlegungslast beim Filesharing auseinander gesetzt. Kernpunkt des Urteils vom 30. März 2017 – I ZR 19/16 – „Loud“ war die Frage, ob der Anschlussinhaber des Internetzugangs das nur ihm bekannte Familienmitglied namentlich benennen muss oder nicht.

Wir erinnern uns: Der Inhaber eines Internetanschlusses wird regelmäßig als Täter in Anspruch genommen. Um seine Inanspruchnahme auszuschließen unterliegt dieser der sekundären Darlegungslast. Das heißt, nach ständiger Rechtsprechung obliegt es ihm, unverzüglich nachzuforschen, wer für den geltend gemachte Urheberrechtsverletzung in Frage kommen könnte. Der BGH unterstellt hierbei, dies sei Sache des Anschlussinhabers, weil der Rechtsverstoss innerhalb seiner häuslichen Sphäre begangen worden sei. Der Anschlussinhaber ist insoweit im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast, so ist es dann wieder Sache der klagenden Partei, die für eine Haftung der Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.

Im vorliegenden Fall konnte der Anschlussinhaber das für den Verstoß verantwortliche Familienmitglied zwar identifizieren, nämlich eines seiner drei Kinder. Der Familienvater weigerte sich jedoch, dessen Namen Preis zu geben.

Der BGH entschied hierzu:

„Die Beklagten haben im Streitfall ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt, weil sie den Namen des Kindes nicht angegeben haben, das ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hat. Diese Angabe war den Beklagten auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien zumutbar. Zugunsten der Klägerin sind das Recht auf geistiges Eigentum nach Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 GG sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta und auf Seiten der Beklagten der Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigen und in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen. Danach ist der Anschlussinhaber etwa nicht verpflichtet, die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von Filesharing-Software zu untersuchen. Hat der Anschlussinhaber jedoch im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er dessen Namen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will.“

Wir merken uns also folgende Kernaussagen:

  1. Der Anschlussinhaber muss, wenn er nicht selber als Täter in die Haftung genommen werden will, unverzüglich eigene Nachforschungen anstellen und seine Untersuchungsergebnisse dem in seinen Urheberrechten Verletzten mitteilen.
  2. Hierbei ist das Recht auf geistiges Eigentum und der Schutz der Familie in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen.
  3. Im Ergebnis muss Nachforschung des Anschlussinhabers nicht so weit gehen, dass hierbei in die Privatsphäre der Ehegatten eingegriffen würde. Der BGH nennt insoweit zwar nur den Ehegatten. Das gleiche dürfte aber auch für alle anderen volljährigen Familienmitglieder gelten.

 

LG München I : Vorlage an EuGH in Filesharing Prozess

Erneut geht es um die Frage von Schadensersatzansprüchen beim Filesharing.

Hintergrund des Falles ist das Bestreiten eines in Anspruch genommenen Internet-Anschlußinhabers, die Rechtsverletzung selber begangen zu haben. Er trug vor, auch seine Eltern hätten Zugriff auf seinen Anschluß gehabt.

Vorliegend hatte das Landgericht München I Zweifel an seiner bisherigen Spruchpraxis und legte dem EuGH folgende Fragen in der Beschlussverfügung vom 17.03.2017 (Az.: 21 O 24454/14) vor:

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Sekundäre Darlegungslast in Filesharing-Fällen

Der Inhaber eines Internet-Anschlusses haftet bekanntermassen dann nicht für über seinen Anschluss begangenen Rechtsverstoß, wie z.B. unerlaubtes Filesharing, wenn er im Rahmen seiner so genannten sekundären Darlegungslast einen alternativen Geschehensablauf darlegen kann. Regelmäßig wird der Anschlussinhaber vortragen, nicht er selbst, sondern Dritte, insbesondere Familienmitglieder, hätten ebenso Zugriff auf das Internet gehabt und kommen für die Tat also in Frage.

Das AG Landshut hatte sich in einem Fall mit der Frage auseinander zu setzen, bis wann ein solcher Vortrag substantiiert vorgebracht werden müsse.

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BGH: Internetinhaber haftet nicht für volljährige Familienangehörige

Eltern müssen für den illegalen Musiktausch eines minderjährigen Kindes grundsätzlich nicht haften, wenn sie das Kind ausreichend über das Verbot einer Teilnahme an Internetauschbörsen belehrt haben. Diese richtungsweisende Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag, 15.11.2012.

Nun hat der BGH erneut in einem Fall mit familiärem Bezug entschieden.

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