Das Geschrei in der Presselandschaft ist groß. Aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 26.04.2017 (Az. C-527/15) soll nun also nicht nur das Tauschen illegal erworbener Filme und anderer urheberrechtlich geschützter Werke abgemahnt werden können. Auch das Konsumieren könne künftig abgemahnt werden. Dabei ist das nicht neu:
„Der Gesetzgeber hat in § 53 Abs. 1 UrhG festgelegt, dass eine Privatkopie für den Eigengebrauch jedenfalls dann zulässig ist, wenn hierbei kein Kopierschutz umgangen wird und die Quelle offensichtlich legal ist. Zweck der Regelung: Von einer illegal hergestellten Kopie, z.B. einer Raubkopie, soll man keine legale Privatkopie herstellen können. Die CDs, die im fernen Osten an jeder Straßenecke für umgerechnet einen Euro angeboten werden, sind ganz offensichtlich keine legale Quelle. Genauso zweifelhaft sind Streaming-Angebote unbekannter Anbieter, in denen es dem Nutzer gestattet wird, ein Champions League Spiel des FC Bayern live und in voller Länge anzuschauen. Auch hier handelt es sich ganz offensichtlich nicht um eine legale Quelle, denn für das Recht, ein Fußballspiel der Champions League live und in voller Länge übertragen zu dürfen, wurden hohe Lizenzpreise bezahlt. Die Möglichkeit, kostenlos auf Pay TV Angebote zugreifen zu können, kann also per se nicht erlaubt sein. Jedenfalls dann, wenn der Anbieter nicht identisch mit dem Sender ist.“
Der Unterschied zur bisherigen Rechtslage besteht im Grunde darin, dass der EuGH entschieden hat, dass es nicht nur darauf ankommt, ob ein urheberrechtlich geschütztes Werk „offensichtlich“ legal oder illegal ist sondern ob der Anbieter tatsächlich ein Recht zum Streaming besitzt.
Die Leitsätze des EuGH lesen sich übrigens unnötig kompliziert:
1. Der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass er den Verkauf eines multimedialen Medienabspielers wie des im Ausgangsverfahren fraglichen erfasst, auf dem im Internet verfügbare Add-ons vorinstalliert wurden, die Hyperlinks zu für die Öffentlichkeit frei zugänglichen Websites enthalten, auf denen urheberrechtlich geschützte Werke ohne Erlaubnis der Rechtsinhaber öffentlich zugänglich gemacht wurden.
2. Art. 5 Abs. 1 und 5 der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass Handlungen der vorübergehenden Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werks durch Streaming von der Website eines Dritten, auf der dieses Werk ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers angeboten wird, auf einem multimedialen Medienabspieler wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen nicht die in dieser Vorschrift festgelegten Voraussetzungen erfüllen.
Gemeint ist, dass der Konsum urheberrechtlich geschützter Werke (z.B. Filme und Musik) von Websites Dritter eine unerlaubte Handlung darstellt, wenn diese dort ohne die Erlaubnis des Rechtsinhabers angeboten wird (Ziffer 2) und dass die öffentliche Wiedergabe auch über einen Mediaplayer erfolgen kann (Ziffer 1), weil es insofern nicht auf das Endgerät ankommt sondern auf die öffentliche Zugänglichmachung ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers.
Das vollständige Urteil des EuGH finden Sie z.B. bei JurPC
Was kann der Abgemahnte Konsument also tun?
Wenn er von einer offensichtlich legalen Quelle ausgehen durfte, dann wird er den Anbieter in Regress nehmen können. Ist das nicht der Fall, wird der Schaden für ihn im Erstbegehungsfall überschaubar sein. Die Abmahnkosten gegenüber Verbrauchern hat der deutsche Gesetzgeber über § 97a Abs. 3 UrhG auf einen Gegenstandswert von 1.000,- € gedeckelt. D.h. die Abmahnkosten liegen bei 147,56 € (inkl. MwSt). Der Schadensersatz selbst beträgt maximal den Betrag, den das Werk bei legaler Beschaffung gekostet hätte.
Auch wenn sich die Rechtsverfolgung aufgrund der niedrigen Gebühren für Abmahnanwälte kaum lohnen wird, ist das Signal des EuGH natürlich trotzdem verständlich: Denn der Konsum von urheberrechtlich geschützten Werken über eine rechtswidrige Quelle ist Diebstahl und kein Kavaliersdelikt. Eine „Grauzone“ als Rechtfertigung für die Nutzung gibt es nur in den Köpfen der Verbraucher.