Um den rechtssicheren Betrieb von offenen WLAN- Hotspots auch nach den Urteilen sicherstellen zu können, hat die Bundesregierung heute den vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten Gesetzentwurf für ein drittes Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes (PDF: 196 KB) beschlossen.
Wichtigstes Ziel der geplanten Gesetzesänderung ist die komplette Abschaffung der Störerhaftung:
Danach können öffentliche Betreiber (z.B. Cafés oder Restaurants) künftig offene, unverschlüsselte WLAN-Zugänge für ihre Kunden anbieten, ohne dass diese die Identität ihrer Nutzer überprüfen müssten und ohne, dass diese für etwaige Urheberrechtsverstöße ihrer Kunden auf Unterlassung (und Abmahnkosten) in Anspruch genommen werden können.
Noch im September 2016 hatte der EuGH entschieden, dass auf der gegenwärtigen Rechtsgrundlage vom jeweiligen Anbieter öffentlicher WLAN-Zugänge ein Passwortschutz für die Nutzung einzurichten sei (Az. C-484/14). Wir berichteten unter der Überschrift EuGH-Urteil: Störerhaftung auf dem Prüfstand darüber.
Mit unserer Kritik an der Entscheidung des EuGH waren wir nicht alleine. Von der Gesetzesänderung erhofft sich insbesondere die Bundesregierung einen Schub für mehr offene WLAN-Hotspots, mit dem Deutschland auch im europaweiten Vergleich aufholen soll.
Gänzlich schutzlos sind die besorgten Urheber gleichwohl nicht. Denn der neue Gesetzentwurf gewährt den Inhabern von Urheberrechten die Einrichtung von Websperren: § 7 Abs. 4 TMG (n.F.) ermöglicht künftig die Anordnung von Sperren gegen einen Diensteanbieter, um wiederholte Verstöße zu vermeiden.
Gleichwohl handelt es sich derzeit noch um einen Gesetzentwurf, der noch den Bundestag und Bundesrat passieren muss.
Wir sind der Meinung, dass die Abschaffung der Störerhaftung höchst dringlich geboten ist. Die Inanspruchnahme des Diensteanbieters geht an der Realität vorbei, weil sie international längst unüblich geworden ist.
Eine Haftung ist unserer Auffassung nach schon im häuslichen Bereich nicht mehr angebracht, weil der Inhaber des Internetanschlusses überhaupt keine Chance hat, die Nutzung seines Haushaltes zu reglementieren und zu überwachen. Er wird lediglich als „schwächstes Glied“ in der Kette in Anspruch genommen (weil man halt seine Adresse ermitteln kann). Verhindern kann er etwaige Verstöße nicht. Da hilft auch die so genannte sekundäre Darlegungslast nicht weiter. Wo der Anschlussinhaber nämlich keinen adäquaten „Ersatztäter“ präsentieren kann, wird er von vielen Gerichten gleichwohl wie ein verantwortlicher Täter behandelt (so z.B. die gegenwärtig immer noch gängige Rechtsprechung vor den Amts- und Landgerichten in München).
Erst recht ist es nun an der Zeit, zumindest die öffentlichen WLAN-Anbietern zu „entkriminalisieren“. Flächendeckendes Internet ist mittlerweile ein Teil unserer öffentlichen Infrastruktur. Niemand käme auf die Idee, den Bewohner eines Hauses für Rechtsverstöße haftbar zu machen, die vor seiner Haustüre passieren.