EuGH-Urteil: Störerhaftung auf dem Prüfstand

Betreiber von offenen WLANs haften nicht auf Schadensersatz für Urheberrechtsverletzungen durch Dritte. Sie können allerdings weiterhin auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (Az. C-484/14).

Der Hintergrund:

Der Inhaber eines Geschäfts für Licht- und Tontechnik stellte seinen Kunden kostenlos öffentliches WLAN zur Verfügung. D.h. anonyme Kunden des Inhabers konnten sich ohne Eingabe eines Passwortes in das offene W-LAN einloggen und dessen Internet für eigene Zwecke nutzen. In einem Fall wurde dieses Angebot für illegales Filesharing missbraucht. Konkret, im Jahr 2010 wurde über eine Tauschbörse ein musikalisches Werk, für das Sony die Rechte innehat, rechtswidrig zum Herunterladen angeboten.

Wie hat der EuGH entschieden?

Nach dem EuGH gilt für den Inhaber des Geschäfts grundsätzlich das Haftungsprivileg der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr. Diese nimmt Vermittler, die Dienste der reinen Durchleitung von Daten anbieten, von der Haftung für Dritte aus. Daher haften Betreiber von offenem WLAN nicht auf Schadensersatz für Urheberrechtsverletzungen Dritter.

Der EuGH beseitigte jedoch nicht die Inanspruchnahme auf Unterlassung. Von WLAN-Anbietern könne verlangt werden, dass sie das WLAN mit einem Passwort schützen. Ferner sollen die Nutzer den W-LAN-Anbietern ihre Identität offenbaren, bevor sie das Passwort erhalten.

Stellungnahme

Eine Passwortpflicht für Gewerbetreibende, die ihr WLAN der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen wollen, halten wir für wenig sinnvoll. Die Rechtsprechung des EuGH ist diesbezüglich rückständig. Filesharing verliert von Woche zu Woche an Bedeutung, da Filme, Serien und Musik immer häufiger über preiswerte Abomodelle wie Netflix, Amazon, Apple Music, Deezer, Spotify usw. gestreamt werden. Der EuGH hat hier eine Chance verpasst, kostenpflichtige Abmahnungen für Gewerbetreibende deutlich einzuschränken und flächendeckendes W-LAN auch in Deutschland zu begünstigen.

(Quelle: Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 15.09.2016)