Wie weit geht die Nachforschungspflicht in Filesharing-Fällen?

In letzter Zeit haben sich die Gerichte vermehrt mit der Frage auseinander gesetzt, wie weit denn die Nachforschungspflichten des Inhabers eines Internet-Anschlusses gehen, wenn über seinen Anschluss Urheberrechtsverstöße im Wege des unerlaubten Filesharings  begangen wurden.

Ausgangspunkt ist stets die „BearShare“-Entscheidung des BGH vom 08.01.2014 (Az. I ZR 169/12). Darin haben die Richter des Bundesgerichtshofes festgestellt, dass der Inhaber eines Internet-Anschlusses im Rahmen seiner so genannten „sekundären Darlegungslast“ verpflichtet ist, eigene Nachforschungen darüber anzustellen, wer an seiner Stelle für etwaige über seinen Internet-Anschluss erfolgte Urheberrechtsverletzungen in Frage kommt.

Das ist soweit nachvollziehbar, wird in der Praxis von den Vertretern der geschädigten Medienindustrie ( für hauptsächlich Film- und Musikwerke) jedoch stets einseitig ausgehöhlt, indem verlangt wird, der Anschlussinhaber sei quasi verpflichtet, den Täter auf dem goldenen Tablett zu servieren. Andernfalls sei er eben seiner Nachforschungspflicht nicht hinreichend nachgekommen und hafte zumindest als Störer und somit für die Rechtsverfolgungskosten.

Zu dieser Frage setzt sich zunehmend die Rechtsauffassung durch, wonach der Anschlussinhaber einer solch weitgehenden Verpflichtung nicht unterliegt. Es genüge, so z.B. das Landgericht Bielefeld in seinem Urteil vom 07.10.2014 (Az. 20 S 76/14), wenn der Anschlussinhaber vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und somit grundsätzlich als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Eine weitergehende Pflicht, den so ermittelten Täterkreis auf die konkrete Person zu reduzieren, gibt es also nicht. Insoweit genügte es dem LG Bielefeld in seiner Berufungsentscheidung auch, dass der Anschlussinhaber vorgetragen hatte, die Personen, die sie hierzu befragt hätte, hätten ihre Verantwortlichkeit bestritten.

Ich bin der Auffassung, dass sich diese Rechtsauffassung durchsetzen muss. Der Inhaber eines Internet-Anschlusses ist im Prinzip eine zufällige Wahl. In manchen Fällen handelt es sich um den Ehemann, in anderen um die Ehefrau und in wieder anderen sind es beide gemeinsam. Den Anschluss-Inhaber in die Haftung zu nehmen und von ihm weitergehende Aufklärungspflichten zu verlangen, stellt manche Personen vor schlicht unlösbare Aufgaben. Wer kann von sich mit Sicherheit behaupten, eine andere Person der Lüge zu überführt zu haben? Die Strafgerichte sind voll mit Verfahren, in denen erst durch langwierige Verfahren festgestellt werden kann, ob eine Person die Wahrheit sagt oder lügt. Alleine die Nähe zur Familie reicht nicht aus, diese Tatsache zu widerlegen. Genau das aber verlangt die Auffassung der geschädigten Rechteinhaber.

Aus Sicht der geschädigten Rechteinhaber mag dieses Ergebnis zwar unbefriedigend sein. Ungelöst ist für diese aber auch die Frage, wie sie einen Filesharer haftbar machen wollen, der seine Urheberrechtsverletzungen über ein öffentlich zugängliches W-LAN, wie sie z.B.  von den Kommunen für ihre Bürger und Touristen eingerichtet wurden, begangen hat.