EU-Parlament lehnt Einschränkung der Panoramafreiheit ab

Mit großer Mehrheit lehnte das EU-Parlament am 15. Juli 2015 unverbindlich den vorgelegten Gesetzesentwurf zur Einschränkung der Panoramafreiheit ab. Es wird sich somit in Europa zunächst nichts in dieser Hinsicht ändern.

Worum ging es?

Die in § 59 UrhG geregelte sogenannte „Panoramafreiheit“ erlaubt es jedermann, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Grafik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht. Ob dies privat oder kommerziell erfolgt, ist dabei irrelevant.

Man darf also beispielsweise ein Foto des Olympiaturms, des Reichtags oder einfach nur des Brunnens auf dem Bismarckplatz in Regensburg anfertigen und bei sich zuhause aufhängen, in Facebook einstellen oder sogar auf Postkarten verkaufen. Die einzigen Einschränkungen dabei sind, dass man die Werke von einem öffentlichen Platz aus fotografiert, den Urheber unter Umständen nennen muss und dessen Urheberpersönlichkeitsrechte nicht verletzt.

Im Gesetzesentwurf sollte nun die kommerzielle Nutzung von Vervielfältigungsstücken wie Fotografien, Videomaterial oder anderen Abbildungen, die dauerhaft an physischen öffentlichen Orten platziert sind, nur gestattet sein, wenn der Urheber die Genehmigung dazu erteilt.

Wie ist dies zu bewerten?

Die Panoramafreiheit rechtfertigt sich damit, dass öffentliche Wege, Straßen und Plätze der Allgemeinheit gewidmet sind und sowieso von jedermann ungehindert betrachtet werden können. Die Erlaubnis zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Wiedergabe ist der logische Schluss daraus.

Allerdings könnte man die Auffassung vertreten, dass die kommerzielle Nutzung anders behandelt werden muss, ob wie hier durch Genehmigungsvorbehalt oder durch Vergütungspflicht, wie die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ in ihrem Schlussbericht dem Bundestag Ende 2007 empfahl, S. 264, 265).

Dafür spricht, dass die Ungleichbehandlung zwischen Kunstwerken im öffentlichen Raum und in Gebäuden nicht noch mehr verstärkt werden soll. Es ist auch nicht ersichtlich, warum der Urheber des Ursprungswerkes weder etwas daran verdient noch über die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe entscheiden darf, während an der Fotografie alle Rechte beim Fotografen bleiben und er daraus ein wirtschaftlichen Nutzen ziehen kann.

Problematisch dabei ist allerdings, dass damit nicht nur der kommerzielle Vertrieb von Postkarten, Reiseführern und Bildbänden betroffen ist, sondern auch die Privatperson. Will man nämlich zum Beispiel auf Facebook seine Urlaubserlebnisse teilen und Fotos von Sehenswürdigkeiten posten, müsste man nach dem Gesetzesentwurf zunächst die Erlaubnis des Urhebers einholen. Denn durch das Hochladen von Bildern überträgt man automatisch eine Lizenz an Facebook. Man gestattet also Facebook die Vervielfältigungsstücke kommerziell zu nutzen.

Somit hätte der Gesetzesentwurf bewirkt, dass man zumindest über Facebook oder vergleichbare Plattformen seine Urlaubsfotos nicht mehr bedingungslos teilen kann. Aufgrund der weiten Verbreitung dieses Mediums wäre dies ein schwerer Einschnitt für die Allgemeinheit und mit dem ursprünglichen Ziel, die kommerzielle Verwertung anders zu behandeln, nicht zu rechtfertigen.

 

Zum Glück hat das EU-Parlament sich nicht von den Vorteilen blenden lassen und diesen Gesetzesentwurf zur Einschränkung der Panoramafreiheit abgelehnt.

In Deutschland und vielen EU-Mitgliedsstaaten wird es folglich zum Wohle der Allgemeinheit und unter Hinnahme der dabei entstehenden Ungerechtigkeit bei der Panoramafreiheit bleiben.

Allerdings ist auch für den deutschen Urlauber zu beachten, dass man in Frankreich, Italien, Griechenland, Belgien und Luxemburg für eine kommerzielle Nutzung von Lichtbildern urheberrechtlich geschützter Gebäude und Kunstwerke manchmal eine Erlaubnis des Urhebers benötigt. Darunter fällt unter anderem der nachts beleuchtete Eiffelturm, für den man eine Genehmigung von SETE illuminations einholen muss.